Force India und Sauber reichen bei der EU-Wettbewerbskommission Beschwerde ein – und könnten der Formel-1 damit einen Bärendienst erwiesen haben. Die angeprangerte Strategiegruppe, sowie die ungerechte Geldverteilung könnten dann endlich der Vergangenheit angehören. Das wäre wichtig, aber ohne ein Eingreifen der EU wird keine Partei freiwillig Macht aufgeben.
Ob die EU überhaupt eingreifen wird, steht noch nicht fest. Nun muss der Beschwerdeantrag der beiden Teams erst einmal überprüft werden. Wie schnell die EU-Mühlen da mahlen werden, wird man sehen müssen. Einen vergleichbaren Fall im Sport gab es noch nicht. Die Entscheidung und vor allem die Lösung wird nicht über Nacht passieren. Aber je schneller sie kommt, desto besser. Denn sie ist dringend notwendig.
Sowohl die Strategiegruppe, als auch die Bonuszahlungen an große F1-Teams unabhängig ihrer Platzierung in der Konstrukteurswertung war ein Bonbon und die Gegenleistung, damit sich die namhaften Rennteams langfristig an die Formel-1 binden und nicht mehr mit dem Schreckensgespenst einer Konkurrenzserie drohen. Doch beides brachte den GP-Sport in die Krise.
Nur durch EU ein Weg zurück möglich
Die Strategiegruppe schreibt Regeln, mit denen die meisten Teams finanziell überfordert sind. Es sind fast nur die großen Teams vertreten, logisch, dass die Interessen der kleinen Teams nicht ausreichend genug vertreten sind. Aber der mögliche Rückzug von Red Bull zeigt, dass genau das der falsche Ansatz ist. Es gibt F1-Teams, die aus Marketingzwecken den Sport betreiben. Die meisten dieser Mannschaften wie Red Bull findet man in der Strategiegruppe. Und es gibt Teams, die existieren nur, um F1 zu betreiben und ihr deshalb wann immer es die Finanzen zulassen auch treu bleiben werden. Solche Teams wie Sauber sucht man in der Strategiegruppe vergeblich. Das Ungleichgewicht produziert Reglements, die für den Sport nicht gesund sind. Denn der Sport ist nur dann gesund, wenn die Teilnehmer, die davon leben, über die Runden kommen und nicht die Teilnehmer, die den Sport benutzen, um mehr Produkte zu verkaufen.
Hinzu kommen die Bonuszahlungen an die namhaften Rennställe. Namen wie Red Bull tun der Formel-1 gewiss gut, aber sie können jederzeit wieder verschwinden. Konkurrenzserien haben gegen die Formel-1 keine Chance, zumindest nicht gegen eine Formel-1 mit einem für die Fans packendem Reglement. Dafür ist der Name der Rennserie schon viel zu groß. Und 1961 scheiterte schon einmal eine Konkurrenzserie, die von manchen, vor allem englischen Teams, aus der Taufe gehoben wurde. Aus Angst vor einer Konkurrenzserie die starken Teams auf Kosten der armen Rennställe noch weiter zu stärken, ist der falsche Weg und beschleunigt nur einen Teufelskreis, aus dem es eigentlich keinen Weg zurückgibt. Außer die EU greift ein.
Greift sie ein, dann muss der Verteilungsschlüssel neu ausgehandelt werden. Und der Regelgebungsprozess neu formuliert werden. Wahrscheinlich bekommen dann alle Teams ein Mitspracherecht, was dem Sport aber auch nicht helfen würde: Stattdessen wäre es sinnvoll, wenn eine unabhängige Instanz wie der Automobilweltverband FIA wieder die Regeln diktiert. Der Vorwurf, bei der FIA würden Technokraten Regeln schreiben, die nur in der Theorie, nicht aber in der Praxis funktionieren, ist nicht haltbar: Dazu muss sich die FIA nur Experten zu Rate ziehen. Und das tut sie schon seit jeher.
Vom Regen in die Taufe?
Die EU-Wettbewerbskommission könnte zur Rettung sein – und viele der aktuellen F1-Baustellen auf einen Schlag beseitigen. Hoffentlich noch rechtzeitig, bevor weitere Teams flöten gehen. Und hoffentlich auch mit guten Lösungen.