Nur 1969 gab es mit durchschnittlich 16,5 Startern ein kleineres Feld in der Formel-1 als 2015. Machen wir uns nichts vor: 18 Starter sind der F1 unwürdig. Sie braucht sowohl mehr Hersteller, als auch mehr kleine Privatteams, aber die Kosten sind einfach zu hoch.
Teams wie Ferrari, McLaren und Williams sind heute Traditionsrennställe. Ihre Karriere begann vor Jahrzehnten, im Fall von Ferrari sogar schon 1929. Wären die Bedingungen damals schon mit denen von heute vergleichbar gewesen, wäre keines dieser Mannschaften je in die Formel-1 eingestiegen.
Ferrari, McLaren und Williams wären heute nicht in der F1
Ferrari begann 1929 mit Kundenfahrzeugen von Alfa Romeo. Heute muss jedes Team seinen eigenen Rennwagen bauen. Ferrari war derart erfolgreich, dass schon wenige Jahre später die Werkseinsätze von Alfa Romeo über die Mannschaft von Enzo Ferrari abgewickelt wurde. Der Rest ist wie man so schön sagt Geschichte: Ab den 40er Jahren baute Ferrari eigene Rennboliden – und schließlich sogar Straßen-Sportwagen.
McLaren und Williams begannen in den 60er Jahren zunächst in anderen Serien. Zum Teil Nachwuchsserien, zum Teil aber auch in Meisterschaften, in denen sich richtig Geld machen ließ. Ohne die erfolgreichen CanAm-Rennen hätte McLaren nie das Geld gehabt, um in die Formel-1 aufzusteigen. Nur: Ein Aufstieg aus den Nachwuchsserien ist heute nicht mehr möglich und richtige Meisterschaften, die sich für Einsatzteams als Goldgruben erweisen, gibt es auch nicht mehr.
Bis Mitte der 90er Jahre war es Gang und Gäbe, dass sich erfolgreiche Nachwuchsteams auch in der Formel-1 versuchten. Das waren zum Teil Eintagsfliegen, zum Teil konnten sich Rennställe wie Jordan oder Minardi aber sogar über Jahre halten. Und selbst wenn der Lebenszyklus von Teams wie der Scuderia Italia oder Onyx nur ein paar Jahre dauerte, so konnten sie doch sogar Podestplätze abzugreifen.
Nachwuchsteams suchen sich neue Felder
Nachwuchsteams wie ART, DAMS oder Carlin sind heute nicht schlechter als Jordan oder Minardi vor 30 Jahren. Aber die Rahmenbedingungen in der Formel-1 sind durch die enormen Kosten derart schwierig geworden, dass keines der Teams aufsteigen kann. Das Resultat daraus: Sie suchen sich neue Betätigungsfelder.
Carlin will nun Amerika erobern, beginnend mit einem Indy-Lights-Projekt 2015. Mittelfristig soll ein Aufstieg in die IndyCar-Serie erfolgen, dem F1-Pendant der Formel-1. Carlin weiß: Wegen des schrumpfenden F1-Starterfeldes werden Serien wie die IndyCar als Alternative wieder begehrter. Man wittert einen neuen Markt. Carlin würde gerne in die Formel-1 einsteigen, aber das ist einfach aus Kostengründen nicht möglich. Teamchef Trevor Carlin kennt den GP-Sport durch den Posten des Sportdirektors 2005 bei Jordan.
ART leitet nächstes Jahr ein Einsatzteam von Mercedes im Deutschen Tourenwagen-Masters (DTM). Nach Informationen von „Motorsport-total.com“ will Arden 2015 in die LMP2-Klasse der Sportwagen-WM einsteigen. Gleiche Pläne liegen bei Racing Engineering vor. Beide Rennställe haben sich schon intensiv mit einem F1-Einstieg befasst. Arden wird von der Familie Horner geleitet, Christian Horner ist inzwischen Teamchef bei Red Bull.
Deswegen braucht die F1 kleine Teams
Das Niveau der F1-Teams auch im hinteren Bereich der Startaufstellung hat sich deutlich erhöht. Marussia ist mit einem Budget von 89 Millionen Euro Pleite gegangen. Vor zehn Jahren konnte ein Team wie Minardi von so viel Geld nur träumen. Auch kleine Equipen sind wichtig, aus verschiedenen Gründen:
1. Sie betreiben den F1-Sport nicht aus Marketinggründen wie Hersteller, Investoren oder Konzerne (also wie alle Topteams), sondern aus Leidenschaft. Genau darum geht es aber vor allem im Sport. Als in den 70er Jahren noch Garagisten-Teams mit bescheidenen Mitteln und mit oberkörperfreien Mechanikern aus Wohnwagen operierten, so entstand ein Teil Rennsportkultur, der einfach wichtig ist.
2. Der Kampf David gegen Goliath ist ein elementarer Bestandteil der Formel-1. Gibt es keine kleinen Teams mehr, ist David verschwunden. Wer will nur Goliaths mit irrsinnigen Budgets gegeneinander kämpfen sehen? Worüber freut man sich als Zuschauer außerdem mehr: Wenn ein Hinterbänklerteam wie Marussia durch Jules Bianchis neunten Platz beim Monaco-GP in die Punkte fahrt, oder wenn Fernando Alonso wie beim Saisonfinale in Abu Dhabi Neunter wird?
3. Je mehr F1-Rennställe, desto eher geht auch das Geschäftsmodell für die Hersteller auf. Wieso bietet Mercedes denn an, auf einen Teil der Einnahmen zugunsten der kleinen Teams zu verzichten? Weil eine mögliche Pleite von Kundenteams wie Force India oder Lotus Mercedes noch mehr finanzielle Einbußen mit sich bringen würde. Das Ziel von Mercedes ist mittelfristig F1-Sport völlig kostenneutral zu betreiben, durch die hohen Einnahmen dank der jüngsten Erfolge, durch die Sponsoren wie Mineralölkonzern Petronas – und durch die Kundenteams, die für die Motoren bezahlen.
4. Mehr F1-Teams bedeuten auch: Es gibt mehr F1-Fahrer. Auch weil nur noch 18 Cockpits zu vergeben sind, müssen einige talentierte Fahrer wie Kevin Magnussen 2015 zuschauen. Fast hätte es sogar Weltmeister Jenson Button erwischt, der mit 34 Jahren noch lange nicht zum alten Eisen gehört. Michael Schumacher war 2012 mit 43 Jahren noch konkurrenzfähig, Nigel Mansell wurde 1993 erst mit 39 Jahren F1-Weltmeister. Vor allem kleinere Teams sorgen außerdem für Überraschungen. Geschichten wie der Gaststart von Le-Mans-Sieger André Lotterer in Belgien oder das Beinahe-Comeback von Rubens Barrichello beim Brasilien-GP sind Geschichten, die der Motorsport braucht.
FIA will neue Teams
FIA-Präsident Jean Todt stellt klar: Dritte Autos wird es 2015 nicht geben. Stattdessen will er neue F1-Teams anlocken. 2016 steigt das Haas-Team aus der NASCAR ein. Das Projekt von Haas klingt vielversprechend – ist aber eine absolute Ausnahme, die nur alle paar Jahrzehnte einmal vorkommt. Noch ist die Mannschaft außerdem kein Rennen gefahren und noch kann keiner sagen, ob Haas nicht nach wenigen Jahren das gleiche Schicksal teilt wie jetzt Marussia und Caterham.
Die FIA will außerdem eine neue Ausschreibung starten und weitere Teams in die Formel-1 locken. Damit das Erfolg hat, müssten aber erst einmal die Kosten runter und die Einnahmen gerechter verteilt werden. Das wird auf absehbarer Zeit nicht passieren, weil die Topteams zu viel politischen Einfluss haben. Sie bestimmen in der F1-Strategiegruppe maßgeblich das Reglement und die Ausrichtung der Königsklasse des Motorsports.
Auch darauf, dass Marussia und Caterham doch noch irgendwie überleben, sollte man lieber nicht wetten. Die Reste des Marussia-Teams werden gerade versteigert. Gerüchte, wonach Zoran Stefanovic mit Robert Kubica als Fahrer das Team kaufen könnte, sind haltlos. Kubica schließt eine F1-Rückkehr wegen den Folgen seines Rallye-Unfalls vor drei Jahren nach wie vor aus. Und Zoranovic scheitert schon seit 1988 mit dem Traum eines eigenen F1-Teams. Auffallend: Seine Projekte sind stets mit einem prominenten Namen verknüpft, 1988 war das Damon Hill, 2010 Jacques Villeneuve, jetzt Robert Kubica.
Das Caterham-Team ist nach wie vor in der Hand des Insolvenzverwalters Finbarr O’Connell. Der spricht zwar weiterhin von drei möglichen Kaufinteressenten. Inzwischen ist aber schon nicht mehr von einer Deadline die Rede, bis wann der Kauf abgeschlossen werden sollte. Zuvor nannte er noch Dezember, also diesen Monat. Irgendwie muss sich die Mannschaft ja auch auf die Saison 2015 vorbereiten. Weiterentwicklung am Chassis findet derzeit ohnehin nicht statt, Caterham wird daher sportlich noch weiter zurückfallen, sollte man wirklich noch überleben.