Ich weiss nicht ob dieses Thema scho je behandelt wurde, aber ich poste den text trotzdem einmal
heute 9.3.2003 in der Schweizer Sonntagszeitung:
In der Formel 1 gibt es ein Papier, auf dem alles bis ins Detail festgelegt ist: von neuen Rennregeln bis zur Verteilung der weltweiten Einnahmen aus den TV- und Vermarktungsrechten auf die zehn Teams. Es handelt sich um das Concorde-Agreement, das so heisst, weil es in den 80er-Jahren an der Place de la Concorde in Paris verfasst worden ist. Die Fia, die Fédération Internationale de l?Automobile, hat dort ihren Hauptsitz. Das vom damaligen Rechtsberater Bernie Ecclestones und vom heutigen Fia-Präsidenten Max Mosley initiierte Vertragswerk umfasst knapp 100 Seiten und wird strikt eingehalten. Denn keiner will siebenstellige Dollar-Bussen riskieren, einen Ausschluss vom GP-Business oder gar Schadenersatzklagen wegen Vertragsbruchs in der Höhe von Hunderten von Millionen Dollar.
Die derzeit gültigen Konditionen wurden 1998 für eine Laufzeit von zehn Jahren (bis Ende 2007) unter anderem von Teamchefs und Autokonzernbossen unterschrieben. Damals waren Mercedes, Fiat/Ferrari, Ford und Honda in der Formel 1. In der Zwischenzeit sind BMW, Renault und Toyota dazugekommen. Toyota musste vor drei Jahren eine Garantiesumme von 48 Millionen Dollar hinterlegen, um in diesen Zirkel aufgenommen zu werden. Angeblich erhält es dieses Geld - verzinst und in Raten - wieder zurück. Vorausgesetzt, die Japaner bleiben lange genug in der Formel 1.
Peter Sauber ist, wie alle, zur Geheimhaltung verpflichtet
Was aber genau mit all diesen Hunderten Millionen von Dollar geschieht, die im Namen von Concorde verwaltet werden, wissen nur diejenigen, die dieses Agreement unterschrieben und in ihrem Safe liegen haben. Der Schweizer Teamchef Peter Sauber ist einer von ihnen. Auch er musste sich 1992 zu absolutem Stillschweigen verpflichten, was den Inhalt des Concorde-Vertrages anbelangt. Das Abkommen unterliegt strengster Geheimhaltung. «Mister Formel 1», Bernie Ecclestone, sagt dazu lediglich: «Die Beteiligten wissen um die Bedingungen, das genügt. Nur so funktioniert dieses Gentlemen?s Agreement.» Vom Prinzip her soll es das Abkommen allen recht machen und dabei auch gerecht bleiben. In Bezug auf die vergangenen Jahre lässt sich dazu sagen: Dank dem Concorde-Agreement sind einige Teamchefs wie McLarens Ron Dennis oder Frank Williams, aber auch Eddie Jordan und Tom Walkinshaw (Arrows) privat zu Dollar-Millionären geworden. Ecclestone hat es gar zum Dollar-Milliardär geschafft.
Aus TV- und Marketingrechten soll zuletzt jährlich mehr als eine halbe Milliarde Dollar auf die Konten des weit verzweigten und steuergünstig verschachtelten Ecclestone-Imperiums geflossen sein. Knapp die Hälfte davon, 47 oder 48 Prozent, behält Ecclestone selber. So zumindest steht es gemäss Insidern im Grundgesetz der Formel 1. Der andere Teil wird nach bestimmten Formeln an die Teams verteilt, deren Anzahl sich gegenüber 2002 von zwölf auf zehn verringert hat. 2003 müsste für Sauber also ein grösseres Stück vom Kuchen abfallen. Doch so einfach ist die Formel-1-Rechnung nicht - sie ist viel raffinierter und verdeckter.
Im Gegensatz zu anderen Sportarten, die sich ebenfalls als TV-Unterhaltungsshows sehen, gibt die Formel 1 nicht einmal die offiziellen Startgelder bekannt, die pro GP an jedes Team ausgeschüttet werden. Insider sprechen von folgendem Verteilungsschlüssel: Rund zehn Prozent des Anteils der Teams werden zu gleichen Teilen an jene weitergegeben. Zusätzliche Gewinnanteile hängen ab von den Platzierungen in der Team-WM der letzten drei Jahre, von den Dienstjahren und den gewonnenen WM-Punkten. Siege und Titel werden mit Bonus-Millionen vergoldet. Aus einem anderen Geldpool werden GP-Platzierungen, Trainingsbestzeiten, schnellste Rennrunden und Führungsrunden fürstlich belohnt.
Viele Teamchefs murren, und einige planen sogar eine Konkurrenzserie
Ein Team wie Sauber deckt 75 bis 80 Prozent seines Jahresbudgets durch Sponsoren ab. 20 bis 25 Prozent kommen aus den Ecclestone-Kassen. Bei kleinen Teams wie Minardi, die über weniger Sponsorengelder verfügen, erhöht sich der Ecclestone-Anteil auf 40 bis 60 Prozent. In wirtschaftlich flauen Zeiten wie diesen können aber auch Topteams wie McLaren oder Williams nicht genug aus dem Ecclestone-Topf kriegen. Teamchef Frank Williams sagte: «Ende 2007 müsste das Concorde-Agreement in Bezug auf die Verteilung der Einnahmen geändert werden. Das jetzige Abkommen haben wir unterschrieben und respektieren es, obschon wir die Bedingungen nicht mögen. Damit können und müssen wir leben, schliesslich war es unser Fehler.»
McLarens Ron Dennis würde lieber heute als morgen Ecclestones Rolle übernehmen und ein Concorde-Agreement verfassen, das den Teams grössere Anteile sichert. Aber noch regiert Diktator Ecclestone, und der 72-Jährige reagiert gelassen auf Drohungen von Autokonzernen wie Mercedes, Fiat, BMW, Ford oder Renault, die ab 2008 eine Konkurrenzserie namens GPWC zur Formel 1 planen. «Ich würde davon abraten», kommentierte Ecclestone trocken. «Ihre Rechnung geht nicht auf, weil sie von falschen Zahlen ausgehen.»[/b]