Sebastian Vettel kam beim Mexiko-GP in eine kuriose Situation: Weil er nach einem Reifenwechsel zwischen die beiden Mercedes-Fahrer herauskam und der vordere davon den Deutschen bereits überrundet hat, wurden Vettel die blauen Flaggen geschwenkt. Er musste Lewis Hamilton vorbeilassen, obwohl Vettel mit den frischen Reifen hätte schneller fahren können als der Weltmeister. Müssen die blauen Flaggen also weg?
Blaue Flaggen gibt es schon seit der Vorkriegszeit im GP-Sport. Zunächst war das lediglich als Botschaft für den Rennfahrer gedacht, dass von hinten ein Wagen naht, der ein höheres Tempo an den Tag legt als er selbst. Boxenfunk gab es damals noch nicht. Der kam erst in den 80er Jahren auf. Später wurde die blaue Flagge mit der Empfehlung verbunden, dem schnelleren Fahrer nicht den Weg zu verbauen, sondern ihn passieren zu lassen.
Nicht immer passierte das. Manchmal mussten Spitzenfahrer alle Register ziehen, um an die zu überrundeten Piloten vorbeizukommen. Logisch, dass es da auch immer wieder mal zur Kollision kam. Aus der F1-Geschichte gibt es zwei ganz berühmte Beispiele: Hockenheim 1982 und Monza 1988. In Hockenheim kollidierte Nelson Piquet (Brabham-BMW) mit Eliseo Salazar (ATS-Ford) und ging danach auf den Chilenen los. In Monza kollidierte Ayrton Senna (McLaren-Honda) mit Jean-Louis Schlesser (Williams-Judd). Der Zusammenstoß war insofern interessant, weil dadurch das einzige Mal in dem Jahr kein McLaren-Fahrer das Rennen gewinnen konnte. Und weil Schlesser nur als Ersatz für den erkrankten Nigel Mansell einsprang.
Zwischenfälle auch mit blauen Flaggen
Erst seit 1995 wurden die Regel mit der blauen Flagge aus genau solchen Gründen spezifiziert: Jetzt müssen die Fahrer, die das Flaggensignal bekommen, innerhalb weniger Kurven den Hinterherfahrenden vorbeilassen. Doch ist die Regel wirklich gut?
Der Sicherheitsaspekt greift nicht wirklich. Auch seither gab es beim Überrunden immer wieder Zwischenfälle. Weil der vom Gas gehende Fahrer deutlich langsamer ist entstehen Tempounterschiede und Missverständnisse, die bisweilen sogar gefährlicher sind. In Brasilien 2001 zum Beispiel krachte Jos Verstappen (Arrows-Asiatech) spektakulär in das Heck von Juan-Pablo Montoya (BMW-Williams). Noch bekannter ist der Zwischenfall in Belgien 1998, als Michael Schumacher (Ferrari) sich ein Rad am McLaren-Mercedes von David Coulthard abfuhr und mit drei Rädern seinen Ferrari an die Box zurücksteuerte.
Vieles spricht daher gegen die blauen Flaggen – nicht nur wegen Situationen wie in Mexiko. Die kleinen Teams verlieren durch das Überrunden oft mehrere Sekunden, teilweise sogar Positionen. Manche legen die Strategie sogar so aus, dass sie möglichst wenige Überrundungen bekommen, statt die maximale Leistung des Autos strategisch herauszubringen.
Kleinen Teams im Nachteil
Und auch für die Fans wäre es unterhaltsamer, wenn die Fahrer auch überrundete Fahrer richtig Überholen und damit auch Kampfgeist zeigen müssten. Es ist sicher keine Baustelle, die in der Formel-1 dringend ist. Dennoch wäre eine Abschaffung der blauen Flaggen erstrebenswert.