formelchen hat geschrieben:
Meiner Ansicht nach muss man mit einem Reifen die komplette Renndistanz zurücklegen können, ohne dass er platzt bzw. komplett kaputt geht. Auch wenn eine solche Strategie (z.B. Wechsel nach Runde 1 und dann durchzufahren) in der Praxis natürlich sehr unwahrscheinlich ist, sollte es doch zumindest möglich sein, schon aus Sicherheitsgründen.
Das wäre nicht wirklich zielführend, da man dann die letzte Gummischicht unnötig dick machen müsste, insbesondere bei den weichen Reifen. Der Reifen soll sich grundsätzlich ähnlich verhalten wie bislang. Eine lange (oder weniger lange) Zeit in der man mit konstanten Zeiten einen halbwegs vorhersehbaren Verschleiß hinbekommt. Irgendwann ist der Reifen dann soweit verschlissen, dass er relativ zügig deutlich an Haftung verliert und, abgesehen von 3-5 Runden vor Schluss, ein Reifenwechsel immer die schnellere Variante ist. Dementsprechend muss der Reifen dann ab diesem Punkt noch 3-5 Runden aushalten, oder lieber ein wenig mehr zur Sicherheit. Hat ja an und für sich auch so funktioniert bisher mit den Pirelli Reifen. Bei 30% Restgummi gibt es eben diesen Drop-Off.
Natürlich wäre es schön, wenn der Reifen insgesamt etwas mehr Belastung vertragen würde und nicht nach einmal überhitzen hin ist, aber das ist ne andere Geschichte. Genauso ist das Verschleißbild der Reifen vom Grundansatz OK. Die Aussage von Pirelli, dass der Reifen wegen Verschleiß geplatzt ist ist halt Bullshit. Es muss aber auf jeden Fall auch sichergestellt werden, dass ein Reifen durch Verschleiß nicht so ein Schadensbild zeigen kann wie bei Vettel. Auch bei Beschädigungen darf das so nicht passieren, wenn man ehrlich ist.
Ich bin sicher Pirelli ist auch in der Lage gute Reifen zu bauen. Das Problem sind eher die FIA und die Vermarkter, allen voran Bernie, die diese Show-Reifen wollen. Erstmal muss wohl jemand sterben oder schwer verletzt sein, damit endlich gehandelt wird.
Was das Verschleißverhalten angeht, ist das mehr oder weniger nicht auf Pirelli zurückzuführen. Wobei sie auch etwas vorhersehbarere Reifen hätten bauen können bzw. Reifen die ein einmaliges Überhitzen überleben. Das ist ja aber nicht das, was gerade in der Kritik steht. Die Kritik ist daran, wie der Reifen sich bei Beschädigungen verhält bzw. wie er eben kaputt geht. Und da scheint Pirelli wenig motiviert zu sein, die Konstruktion der Karkasse und der direkt umliegenden Gummischichten so zu konstruieren, dass bei einer Beschädigung des Reifens durch Trümmerteile dieser einfach durch das entstandene Loch die Luft langsam verliert anstatt dass er faktisch explodiert. Es ist auch bemerkenswert, wie oft die Pirelli Reifen bei gefühlt minimalen Sachen kaputt gehen. Bei einer Berührung der Lauffläche durch nen Frontflügel ist ein Reifenschaden garantiert. Dazu kommen noch unzáhlige durch "scharfe Kerbs" oder "scharfen Kies". Das ist einfach lächerlich und konstruktiv definitiv lösbar. Mein direkter Vorschlag, und ich kenne mich wirklich mit Reifen nicht gut aus, wäre einfach zusätzlich zum Kevlargürtel eine Lage Zylon einzubauen. Das hilft beim Monocoque gegen ein durchstoßen von spitzen Gegenständen und auch bei Schuss- und Stichsicheren Westen. Wird auch für den Streifen am oberen Visierrand seit dem Massa Unfall verwendet. Vergleichsweise leicht das Zeug und als Gewebe in sehr dünnen Wandstärken erhältlich.
Ich habe vor einigen Monaten noch eine Lanze für Pirelli gebrochen, dass sie grundsätzlich wissen was sie machen und durch die Vorgaben doof dastehen. Dabei bleibe ich in Bezug auf das Verschleißverhalten weitestgehend. Das mit den Reifenschäden habe ich mir ehrlich gesagt erst nach Spa aufmerksam angeschaut und es ist schon erschreckend, dass man mit Pirelli Reifen bei einem Reifenschaden den Fahrer immer nur mit einem komplett zerfledderten Reifen und zerstörtem Unterboden an die Box kommen sieht. Nie mit einfach nur nem recht platten Reifen und Rundenzeitenverlust dadurch. Und auf der Strecke wird auch nie ein Fahrer plötzlich vorsichtig, weil die Ingenieure einen Plattfuß bemerkt haben und ihm sagen, dass er vorsichtig zur Box kommen soll. Es knallt einfach plötzlich und die anderen Fahrer dahinter kriegen die Reste ab. Dass da noch keiner mal ein größeres Stück gegen den Helm bekommen hat ist auch eher ein Wunder. Und bevor jemand kommt und sagt, dass so ein Reifenstück aus Gummi ist und nicht gefährlich: Die Concorde ist wegen am Flügel aufschlagenden Reifenteilen abgestürzt, wodurch der Tank infolge der Druckwelle aufgeplatzt ist. Alles nur ne Frage der Geschwindigkeitsdifferenz von Reifenteil und Fahrerkopf.
Michelin hat einen tollen Vorschlag gemacht und ich hoffe dass sie den Zuschlag für 2017 bekommen, auch wenn das Dank Ecclestone sehr unwahrscheinlich ist.
Ich hoffe auch auf Michelin, ganz ehrlich. Wenn man sich anschaut, wie die Zusammenarbeit zwischen Reifenhersteller und Teams in der WEC oder anderen Rennserien mit Michelin funktioniert und wie generell deren Entwicklungsansatz ist, dann passt das einfach deutlich besser zur F1 als das was Pirelli da zur Zeit veranstaltet. F1-Historisch gesehen wäre mir persönlich zwar Bridgestone lieber, aber Michelin ist schonmal ein großer Schritt nach vorne und in der jüngeren Vergangenheit haben sie außerhalb der F1 gezeigt, was sie können.