Sie kommt 2012. In wenigen Monaten. Doch im Moment sorgt sie noch für etliche Kontroversen, für Unwissenheit und Skepsis. Die Rede ist von der Claiming Rule, die in der neuen Saison einigen Teams den Einstieg in die MotoGP-Klasse erleichtern soll. Mit getunten Superbike-Motoren in Prototypen-Chassis. Und das "Claiming" besagt, dass die Motoren für 20.000 Euro von anderen Teams beschlagnahmt werden können.

Und genau dieser Punkt sorgt eben für Kontroversen. So haben Tuner und Fahrwerksbauer, wie zum Beispiel der Schweizer Eskil Suter, der mit BMW-Motoren und dem MarcVDS Racing Team bereits seit Monaten testet, bedenken. Sie wollen ihre hoch entwickelten Aggregate nicht den interessierten Augen anderer Tuner aussetzen. Außerdem wird mokiert, dass man eben nicht 60.000 bis 100.000 Euro - oder mehr oder weniger - in einen Motor investieren und für dessen Entwicklung ausgeben will, wenn der dann für 20.000 Euro abgegeben werden muss.

Normalerweise sollte man dabei davon ausgehen, dass dies auch im Zuge der Kosteneinsparungen geschieht. Wenn ein Motor eben für 20.000 Euro weggekauft werden kann, dann sollte man auch nicht mehr da rein investieren. Es wäre ein Fass ohne Boden. Doch darum geht es nicht. "Die Claiming Rule ist nicht zur Kosteneinsparung gemacht worden", erklärte Mike Trimby, der Generalsekretär der IRTA, gegenüber Motorsport-Magazin.com. "Es geht dabei darum, dass sich hinter den Einsätzen keine Werke verstecken können."

"Yamaha, Honda, Suzuki und Ducati werden die Motoren des jeweiligen Konkurrenten nicht claimen", so Trimby weiter. "Aber, wenn jetzt zum Beispiel jemand einen Harley Davidson-Motor einsetzt und dort zehn Ingenieure von Harley drum herum springen, dann werden die Werke kontrollieren können, dass es kein versteckter Werkseinsatz ist." Denn es geht dabei auch um Vorzüge, die die CR-Teams genießen: Mehr Sprit, mehr Motoren.

Laute Kritiker, stille Kritiker

Bei jeder Änderung gibt es Kritiker, aber Änderungen müssen gemacht werden - sagt Poncharal, Foto: Milagro
Bei jeder Änderung gibt es Kritiker, aber Änderungen müssen gemacht werden - sagt Poncharal, Foto: Milagro

Im aktuellen Heft des Motorsport-Magazins kommentiert Valentino Rossis Crewchief Jeremy Burgess die CRT-Regeln mit dem Satz: "Die Dummheit an dem Ganzen ist unglaublich. Das ist Wahnsinn. Man erschafft etwas, das in jeder Forme des Rennsports bizarr wäre." Doch der Sport braucht Veränderung und von dieser Veränderung lebt der Sport. Und immer, wenn solche Veränderungen anstehen, gibt es Kritiker und Befürworter. Meist verstummten die Kritiker bald. Anfang 2010 wurde der Honda CBR 600RR - Dunlop Cup unter dem Decknamen Moto2 eingeführt. Heute interessiert der Einheitsmotor in diesen Prototypen niemanden mehr.

"Als wir als Meisterschaft entschieden, von 500cc-Zweitakt zu 990cc-Viertakt zu wechseln, sagten viele Leute, wir wären verrückt und würden die Weltmeisterschaft töten, weil sie einfach Zweitakt bleiben musste und so weiter", gab IRTA-Präsident und Tech 3-Teambesitzer Herve Poncharal im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com zum Besten. "Ich denke aber, es war die richtige Entscheidung zur richtigen Zeit. Als wir entschieden, von 250ccm-Zweitakt zur Moto2 zu wechseln, kritisierten uns so viele Leute. Sie schossen gegen das Projekt und meinten, das sei dumm, man könne keine Rennen mit einer Klasse mit Serien-Motoren fahren und so weiter. Du musst aber wohl zugestehen, dass es funktioniert, denn es gibt mehr Maschinen in der Startaufstellung, es gibt mehr Wettbewerb und die Kosten sind geringer."

"Jetzt bekommen wir 1000er und die Klasse mit Namen CRT, damit das Feld größer wird", so Poncharal weiter. "Viele Leute kritisieren das, aber das sind die gleichen Leute, die sagen, 17 Maschinen sind nicht genug. Man kann nicht sagen, 17 Maschinen sind nicht genug, aber nichts machen, damit das Feld größer wird. Wenn wir sagen, wir fahren mit werksunterstützten Prototypen, dann fahren wir mit 17 Maschinen, weil wir da nichts tun können - schließlich können wir Kawasaki, BMW und Aprilia nicht zwingen, einzusteigen, wie ich bereits gesagt habe. Dann sollte aber auch jeder sagen, 17 sind perfekt."

Was Burgess im Gespräch mit dem Motorsport-Magazin aber auch betonte ist, dass die Regeln nicht klar seien. "Ich verstehe nicht ganz, wie es funktioniert. Vielleicht sollte einmal jemand die Regeln ganz genau erklären, denn bislang weiß noch niemand wirklich, wie die Regeln exakt aussehen werden. Es könnte ja vielleicht so sein, dass es für mich vorteilhafter wäre, wenn ich mit Valentino Rossi ein Claiming Rule Team mache. Dann habe ich mehr Motoren und kann mehr Benzin verwenden", brachte der Australier die augenblickliche Situation auf den Punkt.

Das ist auch in IRTA- und MSMA-Kreisen bekannt. "Momentan wollen wir die CRT-Regel verfeinern, denn es gibt diese Diskrepanz zwischen zwölf und sechs Motoren und 24 und 21 Litern Sprit", sagte Poncharal weiter. "Da stehen wir im Moment. Es werden auch die Kosten für die Claiming Rule diskutiert. Prinzipiell kennen wir aber das technische Reglement. Es ist ein 1000ccm Serienmotor, den man tunen kann, wie man will. Man hat zwölf Motoren statt sechs und 24 statt 21 Litern Sprit. Das Chassis muss absolut Prototyp sein und darf keinen Serienteil enthalten. Das ist es. Ob der Claiming-Preis für den Motor jetzt diesen oder jenen Betrag ausmacht, das ist ein Detail. Wir können mit der Arbeit beginnen."