Die Formel 1 entging in Baku nur äußerst knapp einer Tragödie. Während sich Sergio Perez auf den letzten Meter zu seinem Sieg beim Aserbaidschan GP befand, musste Esteban Ocon noch seinen Pflichtboxenstopp erledigen. Doch plötzlich fand der Alpine-Pilot in der Einfahrt zur Boxengasse eine Menschentraube vor. Etliche Fotografen hatten sich schon unter dem Podium platziert und Personal waren gerade dabei, die Fastlane abzuriegeln.
Zum Glück aller Beteiligten konnten sowohl Ocon als auch die Fotografen gerade noch rechtzeitig reagieren. Ocon verzögerte zusätzlich und verschaffte den Menschen in der Boxengasse so noch Zeit, die Fastlane in letzter Sekunde zu verlassen.
"Das war ziemlich eng, ich musste vom Gas gehen", schilderte Esteban Ocon die Szene. "Ich will da nicht stehen bei dem Speed, mit dem wir dort ankommen. Wenn ich den Bremspunkt verpasse, gibt es ein großes Desaster. Das war ein verrückter Moment."
Der Boxeneingang befindet sich in Baku erst am Ende der langen Vollgas-Passage. Die Piloten kommen mit gut 300 Stundenkilometer angeschossen und verzögern erst in letzter Sekunde auf die vorgeschriebenen 80 km/h.
Auf Ocons Onboard-Aufnahme ist zu sehen, wie die Menschen dem Auto in letzter Sekunde aus dem Weg sprangen - Rallye-Fans dürfte das an längst vergangene Tage der legendären Gruppe-B-Ära erinnern. Der Franzose war überrascht, dass plötzlich etliche Fotografen im Weg standen: "Ich hatte keine Ahnung, dass dort Menschen stehen würden. Das hätte ein ziemlich großes Problem für die Leute dort werden können. So etwas habe ich noch nie erlebt."
Die dafür verantwortlichen FIA-Offiziellen mussten sich vor den Stewards für den Vorfall rechtfertigen. Im Stewards-Urteil wird erklärt, dass der Aufbau des Parc Fermé unterhalb des Podiums für gewöhnlich immer schon kurz vor Rennende beginnt.
Vor dem Rennen verschickt der Rennleiter ein PDF, mit dem genauen Ablauf nach Rennende. Dort sind auch Skizzen aufgemalt, wo genau der Parc Fermé aufgebaut wird und wo die Fotografen stehen dürfen. Tatsächlich sollten die Fotografen in Baku in der Boxengasse und nicht auf einem Podest an der Pitwall Platz nehmen - allerdings erst nach dem Rennen. Der Aufbau des Setups ist in den Anweisungen des Rennleiters nicht genau geregelt.
Die Stewards gingen die relevanten Prozedere und Protokolle mit den FIA-Verantwortlichen im Detail durch und forderten sie dazu auf, gemeinsam mit dem kommerziellen Rechteinhaber und den Teams umgehend Änderungen vorzunehmen. Das nächste Rennen findet bereits in einer Woche in Miami statt.
Esteban Ocon hat eine einfache Lösung: "Ich verstehe nicht, warum das Podium schon vorbereitet wird, während wir noch Rennen fahren. Man muss warten, bis alle Autos über die Ziellinie gefahren sind, um damit zu beginnen. Es ist kein Mysterium, es ist ganz einfach."
Ocon-Stopp war abzusehen
Besonders bedenklich: Ocons Stopp kam nicht unerwartet. Der Franzose war gezwungen, an die Box zu kommen. Ocon war wie Nico Hülkenberg auf den harten Reifen gestartet. Beide lagen in den Punkterängen und hofften auf ein spätes Safety-Car oder eine rote Flagge. Wäre Ocon nicht wie Hülkenberg eine Runde zuvor noch an die Box gekommen, wäre der Alpine-Pilot nachträglich disqualifiziert worden. Schließlich müssen die Fahrer innerhalb eines Rennens zwei verschiedene Reifenmischungen fahren.
Ein ähnliche Situation widerfuhr Timo Glock beim dramatischen Saisonfinale 2008 in Brasilien. Vor einigen Jahren erklärte der heutige Sky-Experte den Grund, weshalb er trotz Starkregens nicht mehr auf Regenreifen wechseln konnte: Glock wollte damals in die Box fahren, konnte aber nicht mehr, weil der Eingang bereits für die Feierlichkeiten nach Rennende versperrt war. Erst im vergangenen Jahr gab es einen ähnlichen Zwischenfall mit Alexander Albon. Der Williams-Pilot kam beim Australien GP in der letzten Runde an die Box. Bei der Ausfahrt standen bereits Fans neben der Fastlane.
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