BMW Sauber war eines der letzten Teams, das einen Doppeldiffusor an seinem F1.09 verbaute. "Das war ein großer Nachteil", sagt Nick Heidfeld. Als letztes Team schraubte Toro Rosso beim Ungarn GP ein solches Bauteil an sein Auto - und merkte umgehend den Unterschied.
Schon vor Saisonbeginn klagten einige Teams die so genannten Doppeldiffusoren von Brawn GP, Toyota und Williams an. Die FIA erklärte sie für legal - das Spiel wiederholte sich und die FIA bestätigte bei einer Berufungsverhandlung am 15. April: Der Doppeldiffusor ist legal. Es begann ein teures Wett- und Nachrüsten aller Teams.
Das Geheimnis des Brawn-Diffusors
Sie war von Anfang an umstritten, aber die Diffusor-Regelinterpretation von Brawn GP war und ist höchst innovativ. Ein Großteil des zentralen Bereichs des Diffusors war niedriger als der äußere Bereich. Durch eine clevere Form der hinteren Crashstruktur unter dem Rücklicht schaffte das Team einen zweiten mittleren Bereich (s. oberer roter Pfeil).
Das Ergebnis war ein mittlerer Diffusor-Bereich, der die laut Reglement vorgeschriebenen 175 mm Höhe überschritt. Auf diese Weise entstand eine Art Venturi-Kanal, der dem Luftfluss unter dem Auto half.
Dieser Diffusor unterschied sich dramatisch von einer "Standard"-Lösung, wie sie etwa Ferrari beim Saisonstart einsetzte. Beim F60 war der mittlere Bereich genauso hoch wie die seitlichen Bereiche und beides überschritt nirgends das 175 mm Limit. Im Sinne des Reglements beinhaltete der zentrale Bereich nur ein Profil.
Der Einsatz solch radikaler Diffusoren wie bei Brawn GP, Toyota und Williams brachte den Teams einen Leistungsvorteil von rund drei bis fünf Zehnteln pro Runde.
Erste Zwischenlösung bei McLaren
McLaren reagierte sehr aktiv auf die Legalisierung der Doppeldiffusoren durch die FIA. Sie brachten schon in Shanghai einen neuen Frontflügel und eine Zwischenlösung des Doppel-Diffusors.
Der Diffusor, der in Shanghai verwendet wurde, war noch nicht die Endlösung. Er wies aber bereits die Prinzipien des Doppel-Diffusors auf. Im zentralen Bereich, direkt unterhalb der Crashzone, befand sich ein kleines Profil das zusammen mit dem unteren Teil des Hauptdiffusors eine Art Einschnitt bildete. Der Luftstrom floss durch den kleinen Schlitz von unten durch zwei seitliche Löcher in den zentralen Bereich des Diffusors, in ganz ähnlicher Weise, wie das am Brawn-Auto passierte. Der Luftstrom wurde dort beschleunigt und so konnte schneller mehr Luft entweichen und erzeugte damit mehr Anpressdruck.
Reaktionen bei Renault
Das Doppel-Diffusor-Urteil bescherte den Teams viel Arbeit. Selbst Force India entwarf eine Zwischenlösung für den noch fehlenden Doppeldiffusor. Die meisten Teams sollten in Spanien einen richtigen Doppeldiffusor zum Einsatz bringen. Renault passte das Auto schon vorher an, allerdings nur bei Alonso, der bereits in China mit einer Zwischenlösung für den Doppeldiffusor ausrücken durfte. In Bahrain bekam auch Piquet jr. die neue Diffusorlösung.
Der neue Diffusor unterschied sich in einigen Bereichen wesentlich von der alten Version. Der Hauptkanal lag tiefer und die rund gemachte Einfassung zeigte nach oben. Dieser Hauptkanal lag am niedrigsten, unterhalb von zwei höheren Kanälen an der Seite der hinteren Crashzone. Durch die oberen Kanäle floss die Luft, die unter dem Boliden durchströmte.
McLaren & Ferrari rüsten nach
Ferrari brachte seinen ersten Versuch eines Doppel-Diffusors nach Barcelona, um damit mehr Leistung im Vergleich zu den Spitzenteams aufzuholen. Der neue Diffusor besaß zwei breite Löcher in den Seitenwänden der zentralen Kanals. Diese Löcher ließen die Luft passieren und über die obere Kante des Diffusors ausströmen. Auf diese Weise wurde der Diffusor zum Doppeldecker: Die obere Luft floss darüber hinweg und unter der hinteren Crashstruktur hindurch. Der untere Luftfluss durchlief die drei Bereiche des Diffusors. Bis dahin gab es fünf kleinere Kammern.
McLaren Mercedes hatte in Barcelona keine großen Verbesserungen am Auto. Stattdessen setzte man auf Detailarbeit am Heck, die sich als effizienter erwiesen als jene am Frontflügel. Der MP4-24 erhielt einen abermals verbesserten Diffusor, der einen doppelten Zentralbereich aufwies und dadurch leicht an das Design des oberen Renault-Diffusors erinnerte. Eine Art dreieckige Klappe half dabei, die von den Hinterrädern generierten Turbulenzen zu verringern.
Der erste Red Bull Doppeldiffusor
Mit dem ersten Training in Monaco wurde beim Red Bull RB5 der neue Diffusor eingesetzt, der nach dem 'Brawn-Prinzip' funktionierte. Allein dieser Punkt ist schon interessant, weil beim originalen Heck des RB5 ein solcher Diffusor gar nicht hineinpasste.
Denn das Design des Hecks wies eine sehr niedrige Ebene mit dem oberen Gabelbein der hinteren Aufhängung auf, die über der Oberseite vom Getriebe ein einzelnes Element bildete. Der neue Diffusor konnte also nur aufgrund von weiteren Änderungen ins Auto aufgenommen werden.
Wobei das nicht ganz korrekt ist. Red Bull brachte nur zwei neue Karbon-Getriebe mit, anstelle des einzelnen, das von Mark Webber in Spanien benutzt worden war. Aber abgesehen davon, mussten eigentlich nur wenige Teile des Red Bull für den neuen Diffusor geändert werden.
Der Diffusor wurde im Vergleich zum alten Model ein Stück zurückgesetzt, aber das erforderte kein Neudesign des Hecks. Der Doppel-Diffusor wurde deutlich durch den oberen Kanal sichtbar (gelbe Umrisslinie auf der Zeichnung). Diese Neuerung sollte den Anpressdruck in diesem Bereich des Autos verbessern. In Silverstone schob Adrian Newey eine nochmals verbesserte Version des Doppeldiffusors nach.
Ferrari & McLaren: Unaufhörliche Entwicklung
Ferrari brachte in der Türkei eine weitere Evolutionsstufe des neuen Doppeldecker-Diffusors mit, um weiteren Boden auf die Spitzenteams gutzumachen. Wie die bisherige Version aus Spanien und Monaco bestand der Diffusor aus zwei Löchern in den Seitenwänden des zentralen Kanals. Der Hauptunterschied war das Gewicht. Ferrari setzte auf eine leichtere Version, welche die Gewichtsverteilung des Autos verbessern sollte.
Vor dem Deutschland GP rüsteten Ferrari und McLaren weiter nach. Die Silbernen debütierten am Nürburgring ein komplett neues Aerodynamikpaket, welches endlich die Wende bringen sollte. Ein Teil davon waren ein neuer Frontflügel und ein neuer Doppeldiffusor.
Der Flügel half nicht nur den Luftwiderstand zu verringern, er war auch effektiver, was die Erzeugung des Anpressdrucks betraf. Der neue Diffusor besaß eine breitere und asymmetrische mittlere Sektion. Diese Änderung verbesserte die Leistung des Autos extrem. Es konnte viel mehr Anpressdruck erzeugt werden.
Ferrari überarbeitete am Ring ein weiteres Mal den Diffusor des F60. Die neue Version hatte auf jeder Seite drei neue, vertikale Einfassungen. Auf diese Weise erzeugte man neben dem Hauptkanal drei kleinere Kanäle. Dadurch wurde der Luftstrom, der aus der Mitte des Diffusors herausströmte, beschleunigt, wenn er durch die zwei ersten, schmalen Seitenkanäle floss. Der Luftstrom, der über die seitlichen Bereiche kam, wurde auf jeder Seite vom jeweils dritten Luftschlitz beschleunigt. Damit konnte die Balance des Autos insgesamt verbessert werden.
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