Fünf Grands Prix sind geschlagen und nach etwas mehr als einem Viertel der Saison lassen sich bereits erste Tendenzen ablesen. Sebastian Vettel, Kimi Räikkönen und Fernando Alonso konnten sich von der Konkurrenz ein wenig absetzen und derzeit sieht es so aus, als würden diese drei Piloten die Weltmeisterschaft untereinander ausmachen. Motorsport-Magazin.com analysiert, was für und gegen die Aspiranten spricht.

FahrerAustralienMalaysiaChinaBahrainSpanienGesamtpunkte
Vettel 15 25 12 25 12 89
Räikkönen 25 6 18 18 18 85
Alonso 18 0 25 4 25 72

Sebastian Vettel

Gelingt Vettel der vierte Titel?, Foto: Sutton
Gelingt Vettel der vierte Titel?, Foto: Sutton

Was spricht für Vettel?
Mit Platz vier erlebte der Weltmeister zuletzt in Barcelona zwar eine kleine Enttäuschung, die aber nicht über die gute Saison des Heppenheimers hinwegtäuschen darf, denn er klassierte sich bisher stets im absoluten Spitzenfeld und konnte in Malaysia und Bahrain gewinnen. Vettels Hungry Heidi gilt gemeinhin als stärkstes Auto im Feld und mit Adrian Newey verfügt Red Bull über den wohl besten Designer der gegenwärtigen Formel 1. Man erinnere sich zurück an die vergangene Saison, in der es für Vettel zunächst nicht laufen wollte, doch während der Sommerpause griff Newey in die Trickkiste, verlieh dem Red-Bull-Boliden im wahrsten Sinne des Wortes Flügel und trug damit entscheidend zum späteren Titelgewinn bei. Eine Wiederholung ist nicht ausgeschlossen.

Was spricht gegen Vettel?
Trotz der WM-Führung vernahm man seitens Red Bull zuletzt immer wieder Misstöne. Stein des Anstoßes waren naturgemäß die Reifen, denn im Gegensatz zur Konkurrenz von Ferrari und Lotus versteht es die britisch-österreichische Mannschaft nicht, aus dem schwarzen Gold das Optimum herauszuholen - im Titelkampf womöglich ein entscheidender Faktor. Als weiterer Unruheherd könnte sich Mark Webber erweisen. Das Verhältnis zwischen Vettel und dem Australier ist bekanntlich angespannt und es ist fraglich, ob es im Fall der Fälle volle teaminterne Unterstützung von seinem Erzrivalen geben würde. Wahrscheinlich ist vielmehr, dass es nach der Geschichte von Sepang erneut zur Eskalation kommt. Wie meinte der ehemalige Grand-Prix-Pilot John Watson jüngst? "Ich denke, wir werden den Krach später im Jahr erleben."

Kimi Räikkönen

Finnische Konstanz, Foto: Sutton
Finnische Konstanz, Foto: Sutton

Was spricht für Räikkönen?
Sucht man im Duden nach Konstanz, könnte neben dem Eintrag gut und gerne das Konterfei des selten lächelnden Finnen aufscheinen. Seit seiner Formel-1-Rückkehr im vergangenen Jahr schied Räikkönen kein einziges Mal aus und verpasste lediglich einmal die Punkteränge (China GP 2012). Hinzu kommt, dass sich der Lotus E21 bisher als äußerst schonend im Umgang mit den sensiblen Pneus erwies. Räikkönen musste in Barcelona lediglich drei Mal stoppen, während die Gegnerschaft vier Mal die Boxen anlief.

Was spricht gegen Räikkönen?
Die Reifensituation könnte sich für die Mannschaft aus Enstone noch als Bumerang erweisen, denn wie Pirelli zuletzt ankündigte, sollen die Pneus bis zum Rennen in Montreal überarbeitet werden, was Lotus den Vorteil gegenüber der Konkurrenz nehmen könnte. "Es wäre nicht unbedingt fair, wenn etwas an den Reifen verändert würde", baute Teamchef Eric Boullier daher bereits vor. Neben der Gummi-Frage gibt es noch ein weiteres, deutlich besorgniserregenderes Problemfeld im Hause Lotus: die Finanzen. Bekanntlich ist das Team alles andere als auf Rosen gebettet, was sich vor allem im erbarmungslosen Entwicklungsrennen der zweiten Saisonhälfte als immenser Nachteil erweisen könnte. "Ich denke, dass sich das Team schwer tun wird, den Entwicklungsspeed der Großen mitzugehen", befürchtete auch Gerhard Berger bei Motorsport-Magazin.com. Apropos Entwicklungsrennen: Wie sich der Abgang von Cheftüftler James Allison auswirkt, bleibt ebenfalls abzuwarten.

Fernando Alonso

Alonso hat sich zurückgemeldet, Foto: Ferrari
Alonso hat sich zurückgemeldet, Foto: Ferrari

Was spricht für Alonso?
Mit dem vielumjubelten Sieg beim Heimrennen hat sich der Asturier wieder mitten in den Titelkampf katapultiert - der Ferrari-Pilot hält wie Sebastian Vettel nun bei zwei Saisontriumphen. Alonso ist der wohl heißblütigste Fahrer des Titeltrios und versteht es wie kein anderer, Psychospielchen zu treiben, sei es mit Samurai-Sprüchen oder martialischen Fotos via Twitter oder bei einem Abendessen mit guten Freunden, die bei der Konkurrenz im Sold stehen. Zudem verfügt der zweimalige Champion mit Felipe Massa über den treuesten Adjutanten im Feld, der für seinen Chef auch schon einmal eine Rückversetzung in Kauf nimmt, damit dieser von der besseren Seite des Grids starten darf.

Was spricht gegen Alonso?
So stark sich Alonso auf dem Circuit de Catalunya auch präsentierte, so schwankend war seine Performance bisweilen. In Malaysia schied er bereits in der zweiten Runde nach einer Kollision mit Vettel aus - und auch in Bahrain blieb die Punkteausbeute mager. Will er wirklich ein gewichtiges Wörtchen um den WM-Titel mitsprechen, darf sich der Ferrari-Pilot nicht mehr viele solcher Ausrutscher leisten, denn Konstanz ist Trumpf. Zudem weist Ferrari im Qualifying Schwächen auf, sodass Alonso in diesem Jahr noch nie aus der ersten Reihe starten durfte. Angesichts der aktuellen Reifensituation mag dieser Nachteil zwar nicht übermäßig groß sein, ein Vorteil ist es aber gewiss auch nicht.

Die weitere Konkurrenz

Hinter dem dominanten Trio hat sich bereits eine Lücke aufgetan - und es ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht davon auszugehen, dass ein anderer Pilot in der Lage sein wird, in den Titelkampf einzugreifen. Webber, Massa und Grosjean stehen klar im Schatten ihrer Teamkollegen, während Mercedes von einer Lösung der Reifenfrage weit entfernt ist. Und McLaren muss froh sein, wenn in dieser Saison überhaupt noch der Sprung auf das Podium gelingt. Es bleibt also vermutlich bei einem Fall für Drei.