Der Saisonstart rückt immer näher, hat bei Ihnen schon das Kribbeln eingesetzt?
Sascha Roos: Ja, und wie. Wenn ich schon alleine die Bilder aus Jerez und Barcelona sehe... Meinetwegen könnte es morgen losgehen.
Wie lange mussten Sie überlegen, als das Angebot von Sky kam?
Sascha Roos: Es kam sehr überraschend, weil ich damit nicht rechnen konnte. Im ersten Moment war ich im positiven Sinne etwas geschockt. Aber im Endeffekt musste ich nicht lange überlegen, denn man macht diesen Job, um in der Königsklasse dabei zu sein. Das ist das Ziel, für das man alles tut und die Leidenschaft investiert. Daher gab es keinen Grund, lange zu überlegen.
Natürlich gab es einige Sachen, die zu klären waren. Ich bin verheiratet und habe zwei Kinder - das sind Dinge, die man zuerst in der Familie besprechen muss. Beruflich gab es gar keine Überlegung und privat war nach einem Gespräch mit meiner Frau auch klar, dass ich die volle Rückendeckung habe. Ich bin ja immerhin über hundert Tage nicht zuhause, da ich nun bei jedem Grand Prix live vor Ort bin. Meine Frau sagte aber sofort: "Logisch, das musst du machen, erfüll dir deinen Traum. Ich stehe hinter dir."
Waren Sie als jahrelanger GP2-Kommentator der logische Nachfolger von Jacques Schulz?
Sascha Roos: Das müssen andere beurteilen. Ich habe mich nie als denjenigen gesehen, der irgendwann nachrückt, auf keinen Fall. Ich hatte auch nie den Gedanken im Hinterkopf, wie viele Saisons Jacques noch macht. Ich habe zu Jacques ein super Verhältnis und mich damit eigentlich nie auseinandergesetzt.
In den Foren war das Echo groß, als Sie als neuer Formel-1-Kommentator vorgestellt wurden. Verfolgen Sie solche Diskussionen?
Sascha Roos: Natürlich schaue ich mir sowas auch an, Für mich ist aber entscheidend, dass ich an dem Spaß habe, was ich mache und dass ich die Rückendeckung von Sky habe. Alles andere kommt dann von alleine. Die Kritik der Zuschauer ist ein ganz wichtiges Element, aber man muss auch vorsichtig bei dem sein, was im Internet steht. Es ist relativ einfach etwas Positives oder Negatives zu schreiben, wenn man sich hinter der Anonymität verstecken kann. Ich orientiere mich aber an jeder Form von konstruktiver Kritik - sei es aus meinem privaten Umfeld, aus dem Kollegenkreis oder in E-Mails von Zuschauern.
Sie haben die GP2 zumeist aus München kommentiert - was ändert sich für Sie im neuen Job?
Sascha Roos: Ich werde alle 19 Rennen von vor Ort kommentieren. Daher kommen natürlich die Reisen hinzu. Aber es ist toll, wenn man im Tross mitreisen kann und den direkten Kontakt hat. Die Kommunikationswege sind einfacher als wenn man aus München den Fahrern hinterhertelefoniert, wie ich es in der GP2 gemacht habe. Es ist schöner, wenn man Sachen bei einem Espresso besprechen kann und bessere und engere Kontakte aufbauen kann. Da ich die GP2 in den letzten sechs Jahren kommentiert habe, kenne ich viele der aktuellen Formel-1-Fahrer, mit denen ich bereits in Kontakt stehe. Ich freue mich, dass ich sie nun wieder sehe.
Wird sich an der Sky-Berichterstattung noch etwas ändern?
Sascha Roos: Wir sind in der Planung noch nicht zu einhundert Prozent durch, aber die Zuschauer dürfen sich auch in der neuen Saison auf die gewohnt hochwertigen Übertragungen freuen. Wir planen fest, bei jedem Rennen live vor Ort zu sein. Bei Bahrain weiß man ja nie…
Sky hatte zuletzt immer nur Verträge über ein Jahr abgeschlossen, nun aber bis 2015. Wie wichtig war das für Ihre Zukunftsplanung?
Sascha Roos: Es klingt immer so abgedroschen, wenn ich als Journalist Sportler nach ihrer Zukunftsplanung frage, die dann meinen: "Sehen wir uns einmal das eine Jahr an." Es ist schön zu wissen, dass es drei Jahre sind, da man deutlich mehr Planungssicherheit hat. Was meinen Job anbelangt, ändert es aber nichts, ob der Vertrag bis 2015, 2016 oder noch länger geht. Ich freue mich jetzt erst einmal auf das erste Rennen und meine erste Saison als Formel-1-Kommentator.
Konzentrieren Sie sich nun rein auf die Formel 1 oder werden Sie auch weiter Fußballspiele kommentieren?
Sascha Roos: Das werde ich weiterhin machen. Es ist für mich auch eine Herzensangelegenheit. Klar ist Formel 1 nun die Hauptsache, aber ich will auch weiterhin Fußball kommentieren. Ich habe zuletzt die Europa League kommentiert, zudem steht die 2. Bundesliga auf dem Programm und bevor ich nach Australien fliege, kommentiere ich auch nochmal ein Spiel der Champions League. Ich bin weiter Bestandteil der Fußballredaktion.
Jacques Schulz gilt als sehr emotionaler Kommentator - wie würden Sie Ihren Stil beschreiben?
Sascha Roos: Ich bin auch emotional, lege den Fokus aber auf Information. Entscheidend ist, dass die Mischung stimmt und die Sky-Zuschauer gut unterhalten werden. Für mich ist ganz wichtig, dass Marc Surer uns weiterhin erhalten bleibt. Ihn an meiner Seite zu haben, wird mir am Anfang viele Dinge erleichtern. Für mich gibt es keinen Besseren als Marc Surer.
Haben Sie sich bereits ausgetauscht?
Sascha Roos: Ja, klar, natürlich. Ich bin seit zehn Jahren in der Motorsportredaktion und kenne Marc daher schon lange. Mit ihm kommentiert habe ich zwar noch nicht, aber da ich die Konstellation mit einem Experten von der Zusammenarbeit mit Sven Heidfeld in der GP2 kenne, ändert sich an der Art und Weise, wie man miteinander kommentiert, nichts.
Es wäre anders, wenn ich nur Fußball kommentiert hätte und jetzt Motorsport mit einem Experten an der Seite machen würde. Wir müssen uns absprechen, es gibt bestimmte Handzeichen, aber das sind Dinge, die wir relativ fix draufhaben werden. Es ist ja auch so eine Geschichte wer wo sitzt - linker Stuhl, rechter Stuhl, wie man es eben gewohnt ist. Das sind Kleinigkeiten, an die man zuerst nicht denkt, die aber wichtig sind, um in der gewohnten Art und Weise weiterarbeiten zu können.
Werden wir auch von Ihnen eine Schreisammlung auf Youtube finden?
Sascha Roos: Das hängt immer ein bisschen vom Verlauf ab, aber ich glaube, es gibt von mir auch ein paar Schreie auf Youtube aus der IndyCar-Serie und der GP2. Ich gehe schon auch aus dem Sattel, wenn es vonnöten ist.
Kommen wir zum Sportlichen: Derzeit laufen gerade die Testfahrten, wer macht auf Sie den besten Eindruck?
Sascha Roos: Red Bull muss man klar nennen. Marc war in Jerez und hat gemeint, er liegt sehr gut. McLaren hat das Auto ein bisschen modifiziert und man muss davon ausgehen, dass auch sie vorne dabei sein werden. Bei Ferrari gab es zwar Bestzeiten, aber sie haben mich nicht so sehr überzeugt, weil man immer ein bisschen vorsichtig sein muss, was den Spritverbrauch angeht. Der Sauber sieht ein wenig anders als die anderen Autos aus. Wie ich gesehen habe, haben sich alle Teams angeglichen, nur Sauber tanzt ein bisschen aus der Reihe. Aber die Zeiten haben mich doch überrascht und sind gut. Mercedes wirkt auch stark verbessert.
Ich glaube, es wird noch enger als im vergangen Jahr, weil sich beim Reglement nicht viel verändert hat. Das einzige Neue sind die tendenziell weicheren Reifen. Man muss sehen, wie sich das entwickelt, denn den Tests kann man nicht so recht trauen, da es in Barcelona kalt war und geregnet hat, zudem war der Asphalt in Jerez schlecht. Ich glaube, dass die letzte Testsession in Barcelona eher aussagekräftig sein wird, wenn die Temperaturen etwas besser sind.
Fakt ist, dass die Reifen weicher sind, weshalb Fahrer wie Jenson Button, die mit der alten Mischung gut zurechtgekommen sind, nicht mehr den großen Vorteil haben werden. Da die Reifen weicher sind, bedeutet das auch, dass sie weiter auf den Asphalt aufsinken und es dadurch mehr Auflagefläche gibt. Würde Michael Schumacher noch mitfahren, hätte er einen Vorteil. Der würde sich freuen, denn er hatte mit den alten Reifen Probleme, gerade was die Vorderachse betraf.
Gelingt Mercedes mit Lewis Hamilton der Durchbruch?
Sascha Roos: Ich glaube, dass sie stabiler als im vergangen Jahr sein werden. Sie konnten bei den Tests relativ viele Runden mit guten Zeiten fahren und Lewis war recht fix unterwegs, wenn man vom ersten Tag absieht, an dem er das Auto in den Reifenstapel gesetzt hat. Ich glaube, dass sie deutlich verbessert sind und konstanter werden. Ob sie dauerhaft auf das Treppchen fahren werden, vermag ich nicht zu sagen, aber sie sind mit Sicherheit besser als im letzten Jahr.
Momentan sind sehr viele ehemalige GP2-Piloten in der F1 unterwegs - wer hat für Sie das größte Potenzial?
Sascha Roos: Perez wird im Paket mit McLaren öfter vorne reinfahren, das hat er schon mit Sauber im Vorjahr gezeigt. Die neuen Piloten sind eher in den Hinterbänklerteams vertreten und waren nicht die Top-Fahrer. Natürlich hatten sie Erfolge, waren aber auch relativ lange in der GP2. Razia, van der Garde, Chilton... da gab es in den letzten Jahren bessere und talentiertere Fahrer aus der GP2. Alle drei haben dafür eine ordentliche Mitgift dabei. Ich würde auf Razia tippen, weil er in der GP2 mit der Drucksituation gut umgegangen ist und es fast noch geschafft hätte, Valsecchi zu überholen.
Abschließend: Haben Sie sich eine Verabschiedung am Ende der Sendungen wie "Keep Racing" vorgenommen?
Sascha Roos: Das lasse ich auf mich zukommen. Ich habe mir nichts überlegt und glaube ehrlich gesagt nicht, dass ich etwas Ähnliches machen werde. Das zu machen, würde sofort wieder Vergleiche nach sich ziehen. Jacques ist Jacques und hat es so, wie er es gemacht hat, fantastisch gemacht. Er ist ein toller Kollege und ein großartiger Kommentator. Ich habe aber meinen eigenen Stil und es liegt mir fern, jemanden zu kopieren.
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