Der Druck auf Ferrari ist dieser Tage immens. Besonders in der heimischen Presse werden die Italiener verunglimpft. Nach der teilweise unterirdischen Leistung am ersten Rennwochenende des Jahres im Albert Park, hagelte es Kritik en masse. Von den Plätzen zwölf und sechzehn aus waren Fernando Alonso und Felipe Massa ins Rennen gegangen. Der Spanier hatte sein Auto im Zeittraining in Q2 in der ersten Kurve im Kiesbett versenkt und somit ein mögliches Aufrücken in Q3 verwirkt, Massa scheiterte an dieser Aufgabe gleich ganz ohne offensichtlichen Grund.
Dass der neue F2012 keine Hilfe ist, um gute Leistung zu Tage zu fördern, dürfte dabei allen klar sein - zu oft sah man die Piloten in Melbourne quer stehen, zu sehr mussten sie mit ihrem zickigen Boliden kämpfen. Immerhin P5 und zehn wertvolle WM-Punkte holte Alonso am Sonntag dann doch noch - zweifelsfrei mit einer fehlerlosen, konzentrierten fahrerischen Leistung. Felipe Massa gelang dies einmal mehr nicht. Obwohl er sich nach dem Start schon in die Punkteränge vorgearbeitet hatte, rieb er sich anschließend lieber in Duellen mit Bruno Senna auf und musste seinen Boliden nach einem Kollisionsschaden mit seinem Landsmann schließlich in Runde 46 endgültig an der Box abstellen.
Fisichella als Vorbild?
Der Vertrag des Brasilianers bei der Scuderia läuft Ende des Jahres aus. Schon vor Melbourne galt es für ihn, nach zuletzt zwei schwächeren Saisons schleunigst Leistung zu zeigen. In Australien war von aller vorab gelobten Besserung abermals nichts zu sehen. "Gerade auch verglichen mit Fernando Alonso, war seine Performance schon sehr schwach", stellte Ex-Ferrari-Pilot Mika Salo im Anschluss an den Auftakt gegenüber finnischen Reportern fest. Deren italienische Kollegen gingen sogar noch ein Stück weiter und enthüllten, dass es bei Ferrari angeblich einen Plan B gäbe, der vorsehen würde, Massa bei weiteren schlechten Leistungen mit sofortiger Wirkung durch F1-Routinier Jarno Trulli zu ersetzen. Der Italiener war zuletzt für Caterham unterwegs, wurde dort vor der Saison aber zugunsten Vitaly Petrovs fallen gelassen.
Nun, mehr oder weniger beschäftigungslos, stünde der 37-Jährige jederzeit zur Verfügung, um seinen Landsleuten in einer schwierigen Phase mit seiner Erfahrung auszuhelfen. Für Trulli wäre der Wechsel im späten Spätherbst seiner Karriere ein Traum - zu einem Platz im Rennteam der legendären Scuderia würde wohl kein Italiener nein sagen. Bestes Beispiel: Giancarlo Fisichella, der wenige Rennen vor Saisonende 2009 trotz guter Perspektive Force India verließ, um bei den Roten auszuhelfen, wenngleich das wenige Monate später seinem Karriereende in der F1 gleichkam.
Neues Chassis in der Mache
In den Medien schweben auch die Namen Sergio Perez und Adrian Sutil als mögliche Massa-Nachfolger herum. Bei Ferrari selbst äußerte man sich zu den Fahrerspekulationen derweil noch nicht. Auf der offiziellen Teamseite war lediglich zu lesen, dass man wisse, dass Massa auch jüngst wieder im Mittelpunkt massiver Kritik gestanden habe. Um den Druck von seinem Fahrer zu nehmen, hat sich das Team trotz des minimalen Zeitabstands zwischen den Rennen in Melbourne und Sepang Ende dieser Woche dazu entschieden, das Chassis des Brasilianers zu tauschen.
"Diese Entscheidung fiel, um alle Zweifel im Zusammenhang mit der ungewöhnlichen Performance seines Autos während des Wochenendes im Albert Park auszuräumen", stellte sich Ferrari vor seinen Piloten. Wie sehr bei der Scuderia hinter den Kulissen aber Feuer unterm Dach ist, dürfte auch zeigen, dass Teamchef Stefano Domenicali und Technikdirektor Pat Fry zwischen den beiden Überseerennen extra nach Maranello zurückgeflogen sind, um Änderungen in die Wege zu leiten.
Laut Ex-Ferrari-Ingenieur Joan Villadelprat sei man sich sogar bewusst, dass es eigentlich noch viel schlimmer um den Traditionsrennstall stehe, als Alonsos gute Leistung beim Australien-GP es vermuten lasse. "Sein fünfter Platz in Melbourne bot ein verzerrtes Bild", meinte der Spanier und fügte an: "Ehrlich gesagt, sehe ich für sie noch eine viel härtere Realität." Laut der spanischen AS konzentriert sich das Team deshalb schon auf diverse Alternativpläne, von denen einer vorsehen soll, bis zum China-GP ein Re-Design des F2012 auf die Strecke zu bringen - diese Modifikation am Chassis wäre jedoch so umfangreich, dass man erneut durch den strengen FIA-Crashtest müsste.
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