Noch bevor Hyundai 2014 mit dem i20 WRC in der Rallye-Weltmeisterschaft an den Start geht, will ein anderes Modell des koreanischen Automobilkonzerns im Motorsport punkten: Hyundai Motor Deutschland schickt das Sportcoupé Veloster Turbo am Pfingstwochenende (17.-20. Mai 2013) für das 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring in die "Grüne Hölle".
Das Ziel in der ersten Phase des auf zunächst drei Jahre ausgelegten Projekts: Der kompakte Sportwagen mit dem unkonventionellen Türkonzept - eine Tür auf der Fahrer-, zwei auf der Beifahrerseite - soll bei seiner Eifel-Marathon-Premiere vor allem ankommen. Schließlich lassen sich auf jedem absolvierten Nordschleifen-Kilometer wichtige Erfahrungen sammeln, die für die kommenden Einsätze und auch für Serienfahrzeuge genutzt werden können.
Teamchef und Initiator des Projekts ist Markus Schrick. Der Geschäftsführer der Hyundai Motor Deutschland GmbH ist selbst begeisterter Motorsportler und kennt die Nordschleife aus der Cockpitperspektive. Schrick: "Wir wollen mit unserem Start in der Grünen Hölle die technischen Fähigkeiten der Marke Hyundai und die Zuverlässigkeit der Produkte unter Beweis stellen. Dafür bietet das 24-Stunden-Rennen als härteste Langstreckenprüfung der Welt und als am meisten respektierte Rennveranstaltung für Serienfahrzeuge eine perfekte Bühne."
Ein Selbstläufer ist die angepeilte Zielankunft beim wohl anspruchsvollsten und größten Autorennen der Welt mit 179 Autos am Start und mehr als 200.000 erwartete Fans nicht. In den letzten Jahren lag die Ausfallquote bei rund 30 Prozent. Viel Verkehr, extreme Geschwindigkeitsunterschiede der Fahrzeuge, oft wechselhaftes Wetter, schwierige Sicht in der Nacht und die üblichen Tücken der Grünen Hölle setzen Mensch und Maschine zu. Der Hyundai Veloster will auf der Rennstrecke neben seinen dynamischen Fähigkeiten mit einer weiteren Stärke auftrumpfen, die bereits das Serienauto auszeichnet: mit seiner hohen Zuverlässigkeit. Eingruppiert ist der Neuling in der Klasse SP2T für Turbo-Fahrzeuge bis 1.600 ccm.
Einen starken Bezug zur südkoreanischen Marke hat auch die Cockpitbesatzung des 230 PS (Serie: 186 PS) starken Veloster: Martin Zondler ist ein motorsporterfahrener Besitzer eines Hyundai Autohauses. Der Saarbrücker Hyundai Vertragshändler Schumann, dessen Motorsportabteilung den Veloster aufgebaut hat und auch einsetzt, hat Rennprofi Brice Bosi für das Projekt gewinnen können. Ebenfalls mit an Bord sind der Motor-Journalist Paul Englert sowie der Markenpokal-Champion Markus Lungstrass.
Hyundai setzt auf seriennahe und robuste Technik
Der Aufbau des Veloster begann Anfang Januar 2013 bei Schumann Motorsport in Saarbrücken. Bereits 200 Arbeitsstunden später war der Rennwagen einsatzbereit. Das 230 km/h schnelle Coupé für die Nordschleife orientiert sich in seiner aktuellen ersten Ausbaustufe weitgehend am sportlich-progressiven Serienmodell. Für den Renneinsatz wurde der Innenraum entkernt und mit einem Überrollkäfig versehen.
Beim Turbomotor sorgt ein erhöhter Ladedruck von 1,5 bar (Serie: 0,95 bar) für eine Mehrleistung von 44 PS. Damit die zusätzlichen Pferdestärken effizient auf den Asphalt übertragen werden, bekam der Veloster außerdem ein Vorderachsdifferenzial von Drexler spendiert. "Da unsere oberste Prämisse im Debütjahr ankommen lautet, setzen wir auf seriennahe, robuste Technik und unsere Produktzuverlässigkeit, um möglichst wenige Standzeiten in der Box zu haben", erklärt Markus Schrick. "Wenn wir ohne außerplanmäßige Stopps durchkommen, können wir trotz der starken Konkurrenz in der Klasse sogar auf ein gutes Ergebnis hoffen."
Ein erster Testeinsatz unter Rennbedingungen beim Saisonauftakt der Langstreckenmeisterschaft auf dem Nürburgring verlief vielversprechend. Jürgen Schumann, verantwortlich für die Technik des Rennwagens, bilanzierte: "Der Veloster lief bei seinem Streckendebüt absolut problemlos. In Anbetracht der Kürze der Zeit, in der das Auto aufgebaut wurde, ist das alles andere als selbstverständlich. Nach dem gelungenen Einstand können wir zuversichtlich auf die 24h-Premiere des Veloster blicken."
Ein starker Partner: Schumann Motorsport
Der Rennstall der Brüder Peter und Jürgen Schumann ist ein Ableger eines der größten und ältesten Hyundai Autohäuser Deutschlands. Im Motorsport sind die Schumanns seit 1979 aktiv. Der erste Nordschleifen-Einsatz eines Schumann-Autos datiert auf 1987. Seit dem Jahr 2002 setzen die Saarländer Coupés der Marke Hyundai auf dem Nürburgring ein, zunächst rein privat, später mit Werksunterstützung. Neben dem Einsatz des brandneuen Veloster bringt das Team Schumann Motorsport auch einen eigenen Rennwagen an den Start: Ein Hyundai Genesis Coupe, das in der Klasse SP8 antritt. Herzstück des eleganten Grand Tourismo ist ein von Schumann Motorsport auf der Basis des Serientriebwerks entwickelter 4-Liter-V6 mit einer Leistung von 420 PS.
Nordschleife wird Hausstrecke von Hyundai
Der Einsatz beim 24-Stunden-Rennen ist nur ein Baustein eines umfangreichen Engagements von Hyundai an der Nordschleife. Koreas führender Autohersteller errichtet zurzeit auf einem 3.050 m² großen Areal in unmittelbarer Nähe zur Strecke für 5,5 Millionen Euro ein Testzentrum. Die neue Einrichtung dient als perfekte Ergänzung zum bereits bestehenden Hyundai Entwicklungszentrum in Rüsselsheim. 2012 wurden dort bereits 95 Prozent aller 444.000 in Europa verkauften Hyundai Modelle gezeichnet, entwickelt und getestet; darunter auch die Erfolgsmodelle i30, ix35 und i40. Auf der Nordschleife werden zukünftig Weiterentwicklungen für die Serienproduktion erprobt.
"In so kurzer Zeit ein Serien- in ein Nordschleifen-taugliches Rennauto zu verwandeln, ist nur möglich, wenn die Basis stimmt. Und der Veloster Turbo bietet eine sehr gute Basis", urteilt Peter Schumann, der zusammen mit seinem Bruder Jürgen neben einem Hyundai Autohaus auch den Rennstall Schumann Motorsport betreibt. Aerodynamik, Achsgeometrie, Karosserie, Getriebe und hintere Bremsen blieben unangetastet. Auch der Motor wurde nur leicht modifiziert.
Die Nähe zur Serie ist aber nicht nur der kurzen Entwicklungszeit geschuldet, sondern hat auch einen wichtigen anderen Grund. Markus Schrick, motorsporterfahrener Geschäftsführer von Hyundai Motor Deutschland und Initiator des Projekts, erklärt: "Wir greifen weitgehend auf ausgereifte Technik zurück, für die Hyundai bekannt ist. Wenn unser Renn-Veloster so zuverlässig ist wie sein Bruder vom Band, ist das bei einem Langstreckenrennen ein echtes Pfund, mit dem man wuchern kann. Schließlich lautet unser Ziel bei der Premiere: ankommen." Tanken, Bremsen-, Reifen- und Fahrerwechsel - das sollen die einzigen Gründe für einen Stopp an der Box bleiben.
Optisch unterscheiden sich Renn- und Straßenauto abgesehen von der weiß-blauen Beklebung des Einsatzfahrzeugs kaum. Erst auf den zweiten Blick fallen die O.Z.-Rennfelgen auf, die mit 17 statt 18 Zoll eine Nummer kleiner dimensioniert sind als beim Serienauto. Das hat zwei Gründe, wie Peter Schumann erklärt: "Zum einen bietet unser Partner Hankook im kleinen Format eine größere Auswahl an Reifen an. Zum anderen ist das Übersetzungsverhältnis dadurch besser, denn das von uns unverändert übernommene Sechsgang-Getriebe ist - für ein Straßenauto typisch - sehr lang übersetzt." An der Vorderachse sind Hankook-Slicks der Größe 235/610-17 montiert, hinten in 215/610-17. "Wir haben auch mit 215er-Reifen vorn getestet, aber damit war der Verschleiß deutlich höher", so Schumann.
Unter der Motorhaube hielten sich die Modifikationen ebenfalls in Grenzen. Aus der US-Variante des 1,6 Liter großen Vierzylinder-Turbomotors wurden Nockenwelle und Turbolader übernommen. Zusätzlich wurde die Motorelektronik angepasst. Der Auspuff erhielt durchgängig 20 Prozent mehr Querschnitt. Die Einbauposition des Katalysators wanderte von vorn nach hinten, außerdem wurde ein Motorsport-Kat von HJS eingebaut, der auch in der Rallye-WM zum Einsatz kommt.
Das komplette Maßnahmen-Paket ließ die Motorleistung auf rund 230 PS klettern, das sind immerhin 44 PS mehr, als die deutsche Serienversion bereitstellt. Das Drehmoment wuchs von 265 auf 300 Nm an. Um die Leistung verlustfrei auf den Nordschleifen-Asphalt zu bekommen, erhielt der Fronttriebler eine Differenzialsperre der Firma Drexler. Für optimalen Fahrbahnkontakt ohne Kompromisse in Sachen Komfort sorgen Rennsportdämpfer von ZF Sachs im Zusammenspiel mit Eibach-Fahrwerksfedern.
Das serienmäßige ABS harmoniert perfekt mit der Vier-Kolben-Bremsanlage von AP Racing, bei der die auf 320 mm Durchmesser angewachsenen Bremsscheiben schwimmend gelagert sind. Die hinteren Bremsen blieben unangetastet. "Dass ein Serien-ABS so gut mit Rennbremsen zusammenarbeitet, ist sehr, sehr ungewöhnlich und hat uns Arbeit erspart", lobt Peter Schumann.
Die auffälligsten Unterschiede zwischen Serien- und Rennauto zeigen sich im Innenraum, der weitgehend entkernt und von Dämmstoffen sowie der Klimaanlage befreit wurde. Dafür kamen ein Überrollkäfig, ein Rennsitz mit Sechs-Punkt-Gurtsystem sowie Funk- und Feuerlöschanlage an Bord. Geblieben ist der elektrische Fensterheber in der Fahrertür. Schumann sagt, warum: "Wenn es heiß werden sollte, ist es von Vorteil, wenn der Fahrer die Seitenscheibe auf Knopfdruck öffnen kann."
Praktisch: Zweite Tür auf Beifahrerseite
Das ungewöhnliche Türkonzept des Veloster mit einer Einstiegsöffnung auf der Fahrer- und zwei auf der Beifahrerseite hat das Rennauto ebenfalls übernommen - mit den gleichen praktischen Vorteilen wie im Straßenverkehr. Schumann: "Die dritte Tür erleichtert unseren Mechanikern einige Arbeiten am Auto sehr. Gegenüber einem zweitürigen Coupé ist das ein echtes Plus." So gibt die hintere Tür unter anderem den Blick frei auf den Sicherheitstank, der zusätzlich zum serienmäßigen Benzinreservoir verbaut wurde und das Tankvolumen von 50 auf 100 Liter verdoppelte. "Dadurch können wir mit einer Befüllung zehn Runden fahren, statt fünf oder sechs", rechnet Schumann vor.
Technische Daten Hyundai Veloster Turbo 24h
Motor 4-Zylinder, 4-Ventiler, Turbo, Direkteinspritzung
Hubraum 1.591 ccm
Leistung ca. 169 kW/230 PS
Max. Drehmoment ca. 300 Nm
Kraftübertragung manuelle 6-Gang-Schaltung (Serie), Frontantrieb mit Drexler-Sperrdifferenzial
Fahrwerk vorn: Einzelradaufhängung an McPherson-Federbeinen; hinten: Einzelradaufhängung an Verbundlenkerachse (beides Serie); Eibach-Gewindefahrwerk mit ZF Sachs-Dämpfern rundum
Bremsen ABS, Scheibenbrensen hinten (beides Serie); vorn AP Racing
Bremsanlage mit schwimmend gelagerten Scheiben (320 mm Durchmesser), 4-Kolben-Bremssättel
Räder 17-Zoll-Felgen von O.Z. Racing, Hankook-Reifen (235/610-17 vorn, 215/610-17 hinten)
Karosserie selbsttragende Ganzstahl-Sicherheitskarosserie mit formstabiler Fahrgastzelle,
definierten Knautschzonen und Seitenaufprallschutz (Serie), Überrollkäfig, Feuerlöschsystem
Leergewicht ca. 1.100 kg
Tankinhalt 100 Liter (50-Liter-Serientank + 50-Liter-Renntank)
Höchstgeschwindigkeit ca. 230 km/h
Klassifizierung für 24h-Rennen SP2T (Turbomotoren bis 1.600 ccm Hubraum)
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