Welch große Auswirkungen ein noch so kleiner Fehler haben kann, musste Francesco Bagnaia in Le Mans auf die besonders harte Tour erlernen. Statt auf der Pole Position landete er am Samstagvormittag im Qualifying nämlich im Kiesbett von Kurve neun und beeinträchtigte damit unwissend auch sein Sprintrennen einige Stunden später maximal, denn das gecrashte Motorrad konnte nicht mehr rechtzeitig repariert werden. Vielmehr musste der Ducati-Star stattdessen auf seinem Ersatzbike starten und ging damit völlig unter. Am Sonntag gelang ihm mit Platz drei dann zwar Wiedergutmachung, doch von Zufriedenheit war nach dem Frankreich GP 2024 keine Spur.

"Heute waren diese beiden einfach schneller als ich", musste Bagnaia nach Rennende in der offiziellen MotoGP-Pressekonferenz zähneknirschend anerkennen. Damit gemeint waren natürlich seine beiden WM-Rivalen Jorge Martin und Marc Marquez, die das Hauptrennen auf dem legendären Bugatti Circuit vor ihm auf den Plätzen eins und zwei beendet hatten - und das, obwohl der Italiener nach einem Raketenstart lange Zeit geführt hatte. Sechs Runden vor Schluss schlüpfte aber erst Jorge Martin durch und im finalen Umlauf dann auch noch Marc Marquez, gegen keinen der beiden konnte sich Bagnaia ernsthaft zur Wehr setzen.

Francesco Bagnaia klagt: In Kurve 9 viel zu langsam!

"In den letzten fünf Runden hatte ich heute mehr zu kämpfen als üblich, ich hatte keine Reserven mehr. Es war das komplette Gegenteil zu Jerez", klagt er deshalb. Vor zwei Wochen im Spanien Grand Prix hatte der Ducati-Star eine späte Attacke von Marquez noch abwehren und sich auf den finalen Metern sogar nochmal absetzen können. Das gelang diesmal nicht. "Ich habe mich immerhin verbessert. Letztes Jahr bin ich hier gecrasht und vor zwei Jahren auch. Daher bin ich froh, überhaupt ins Ziel gekommen zu sein und das auch auf eine schnelle Art und Weise geschafft zu haben", meint Bagnaia scherzhaft, nur um dann direkt wieder ernst zu werden: "Mit einem dritten Platz kann ich natürlich nie zufrieden sein. Auf geht's nach Barcelona, dort will ich es wieder besser machen."

War am Samstag nach dem Sprint-Desaster noch Rätselraten angesagt, konnte der amtierende Weltmeister diesmal immerhin sofort erklären, warum im Hauptrennen nicht das gewünschte Resultat raussprang: "Ich war wirklich stark im ersten und zweiten Sektor, speziell in Kurve sieben. Beim Anbremsen für Turn neun habe ich aber viel Zeit verloren. Als ich hinter Jorge war, konnte er dort mit nur einem Mal Bremsen eine Lücke zu mir aufmachen. Es war merkwürdig, ich hatte einfach nicht das nötige Gefühl, um dort härter zu bremsen und mehr Speed in die Kurve hineinzunehmen."

Das Anbremsen zu Kurve 9 machte Pecco Bagnaia in Le Mans große Probleme, Foto: LAT Images
Das Anbremsen zu Kurve 9 machte Pecco Bagnaia in Le Mans große Probleme, Foto: LAT Images

Marc Marquez verhindert finale Bagnaia-Attacke: Starkes Manöver!

Diese Schwäche in eben jener Linkskurve der schnellen 'Chemin-aux-Boeufs'-Schikane war es dann auch, die Bagnaia an einem Konter gegen Martin hinderte. "Ich wollte Jorge in Kurve 13 attackieren, weil ich wusste, dass ich dort schneller war", beschreibt er seine Strategie zum vermeintlichen Rennsieg. Doch dabei hatte er die Rechnung ohne Marquez gemacht: "Dann hat mich Marc in Turn neun angegriffen. Das war ein starkes Überholmanöver. Ich hatte keine Chance, nochmal zu kontern, weil auch er in der vorletzten Kurve sehr stark war."

Die Folge des Positionsverlustes in der letzten Runde: In der MotoGP-Weltmeisterschaft liegt Bagnaia (91 Punkte, Anm.) nun nur noch zwei Zähler vor Marquez (89), der Enea Bastianini vom dritten Rang verdrängt hat. Auf den WM-Führenden Martin (129) fehlen sogar schon 38 Punkte. Das Bild im Titelkampf wird nach dem fünften Rennwochenende der Saison also langsam etwas klarer. Vieles deutet auf einen Dreikampf hin, sollte Martin nicht noch weiter enteilen. "Für mich sind wir momentan die drei komplettesten Fahrer. Die anderen sind zwar schnell genug, um auch Rennen gewinnen zu können, aber in Sachen Speed und Konstanz haben wir drei etwas mehr", glaubt Bagnaia und ergänzt: "Mit Blick auf die WM wird es wohl mehr oder weniger auf uns drei herauslaufen."